Tennis: Claus Glattbach bewertet im Hanauer Anzeiger die Personalie Boris Becker.

„Ich gönne ihm das“
Claus Glattbach bewertet im Interview die Rückkehr von Boris Becker
Von Michael Bellack

Mit Boris Becker kehrt Deutschlands größte Tennislegende zum Deutschen-Tennis-Bund (DTB) zurück. Dort wird er künftig für den gesamten Herrenbereich verantwortlich sein. Einer, der Becker seit seiner Jugendzeit kennt, ist Claus Glattbach. Das Trainerurgestein des 1. Hanauer Tennis- und Hockeyclubs kennt auch den DTB von seiner Tätigkeit als Trainer bestens. Er sieht in Becker den richtigen Mann für das Amt, warnt aber im Gespräch mit dem HANAUER ANZEIGER vor zu hohen Erwartungen.

Herr Glattbach, Sie waren jahrelang Tennistrainer beim DTB und begleiteten einst Boris Becker als Trainer. Wann war das?
„Ich war 35 Jahre lang beim Hessischen-Tennis-Verband Verbands- und Kadertrainer. Zwölf Jahre davon war ich als Bundestrainer beim DTB tätig. Das ist bestimmt 35, 40 Jahre her. Ich bin jetzt 71. Das war zu meinen Glanzzeiten, da war ich im Leistungsbereich tätig. Daher kenne ich den Boris, auch seinen damaligen Trainer Boris Breskvar kannte ich sehr gut. Ich kenne seine Eltern, den Kontakt haben wir nie verloren. Zu dieser Zeit wollte der Boris sogar nach Aschaffenburg gehen, da war er noch nicht mal 18. Dann hat er aber Wimbledon gewonnen und wollte nicht mehr nach Aschaffenburg. Das war natürlich auch richtig so.“
Becker sorgte in der Vergangenheit oft für private Schlagzeilen. Sportlich war er zuletzt als Trainer von Novak Djokovic aktiv. Ist er der richtige Mann für den Job beim DTB?
„Der Mann hat für das deutsche Tennis so viel getan. Er hat einen echten Boom ausgelöst und dafür gesorgt, dass die Leute wieder Tennis gucken. Die Industrie hat davon profitiert, der DTB hat davon
profitiert. Dass die Funktionäre ihm jetzt eine Chance geben, das finde ich toll. Davor ziehe ich den Hut. Man hat immer Freunde, wenn man oben ist. Wenn man unten ist, hat man keine mehr. Der DTB zeigt jetzt ein tolles Gesicht, indem er ihm hilft. Ich bin so begeistert davon. Keiner hat so viel Ahnung von Tennis wie der Boris. Ich bin sehr glücklich, dass er jetzt diesen Job hat. Er ist ein guter Mann. Er hat
als Coach von Djokovic bewiesen, wie gut er als Trainer arbeiten kann. Ich gönne ihm das und er schafft das auch. Erstens kann er Tennis spielen, zweitens hat er Ahnung von Tennis und drittens hat er nie etwas
Unrechtes gemacht. Abgesehen von seinem Privatleben, aber das geht uns nichts an.“
Was bedeutet Beckers Engagement für den Breitensport Tennis? Welche Auswirkungen wird es haben, auch mit Blick auf Hanau?
„Ich denke, er hilft dem Verband allein schon mit seinem Namen. Damals, als er mit 17 Jahren Wimbledon gewonnen hat, saßen plötzlich alle vorm Fernseher, später saß da niemand mehr. Jetzt ist der Name wieder da – und der Name hat immer noch eine Riesenwirkung. Ich freue mich für den DTB. Boris hat viel erlebt und ich glaube, er hat viel gelernt in der Zeit. Ich hoffe, dass er jetzt was daraus macht. Man sollte es aber auch nicht übertreiben und denken, die Vereine werden da sofort einen Riesennutzen von haben. Er wird sich erstmal um den Leistungssport kümmern, sich um die Bundestrainer kümmern. Er soll erstmal ordnen und helfen. Man wird sehen, wie er das macht. Dann kann man schauen, welchen Nutzen die Vereine davon haben.“