Club: Rede der DOSB-Vizepräsidentin Uschi Schmitz zum Jubiläum

Nicht jeder konnte dabei sein, als die ehemalige Spielerin des 1. Hanauer THC und heutige Vize-Präsidentin des DOSB anlässlich des Festaktes „100 Jahre Hanauer Tennis und Hockey Club über das Leitbild des Clubs sprach. Hier noch einmal die ganze Rede zum nachlesen.

Liebe Jubiläumsgäste,

lieber Michel Bailly,

sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder des Hanauer Tennis- und Hockeyclubs,

ich freue mich sehr, heute zu diesem wichtigen Jubiläum des THC eingeladen zu sein und ein paar Worte sprechen zu dürfen. Dies bedeutet mir umso mehr, als dass ich meine ersten sportlichen Schritte und sportlichen Erfolge im THC erleben durfte. Ich freue mich, meine ehemalige Mitspielerin und Freundin Christel Gutmann hier zu sehen, aber auch Ingrid Harzer und Annedore Stübing mit denen ich zusammengespielt habe.

Sehr anschaulich finde ich das Leitbild des Hanauer THC. Es ist sicherlich ein wichtiger Teil der „Erfolgsgeschichte THC“, sich über gemeinsame Leitsätze zu verständigen. Ein Leitbild kann im besten Falle die Werte einer Organisation in diesem Fall eines Vereines beschreiben und positive Bilder hervorrufen. Das ist, wie ich finde, mit den gewählten Leitsätzen des THC gut gelungen und ich hoffe, dass viele Mitglieder dies auch kennen. Die Aussagen haben auch bei mir Bilder hervorgerufen:

Erfolgsorientiert, aber fair und respektvoll
Selbstbewusst, aber nicht arrogant
Leistungsbereit, aber nicht elitär

Lassen Sie mich kurz meine Gedanken – sowohl als Präsidiumsmitglied des Deutschen Olympischen Sportbundes als auch aus persönlicher Sicht – zu diesen Sätzen darlegen. Dabei möchte ich in umgekehrter Reihenfolge vorgehen:

Leistungsbereit, aber nicht elitär:

Wenn ich als DOSB Vizepräsidentin auf diesen Satz schaue, dann fällt mir das Wesen des Sports an sich ein. Dem Sport ist die Leistungsbereitschaft immanent. Und dabei kann es sowohl um Höchstleistungen im Vergleich mit anderen Sportlerinnen und Sportlern gehen, um das Erringen einer Meisterschaft oder sogar einer Medaille bei den Olympischen Spielen. Es kann aber auch um ganz Persönliches gehen, um das Besserwerden in der Sportart, in den Bewegungsabläufen und die kleinen sportlichen Ziele. Es geht darum, dass man sich auf ein systematisches Training einlässt. Das ist an sich nicht elitär, sondern es ist nach meiner Überzeugung ein Grundbedürfnis von Menschen, Dinge zu erlernen und darin besser zu werden – also Leistungen zu erbringen. Deshalb versuchen wir in den Sportverbänden auch stetig, den politischen Partnern zu vermitteln, dass der Sport und die Sportvereine vielfältige Lerngelegenheiten bieten, die einen wichtigen Teil eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses ausmachen. Sportlerinnen und Sportler erlernen eine Sportart und dabei komplexe Bewegungsmuster. Die Hirnforschung hat hier viele positive Aspekte gerade für Kinder herausgefiltert.

Die Sportler erlernen aber auch den Umgang mit Sieg und Niederlage, mit persönlichem Scheitern und gegebenenfalls den Umgang mit dem Rampenlicht. Sie erlernen aber auch was es heißt, sich für eine Gemeinschaft zu engagieren. In der Sportart selbst oder auch im Engagement für die Funktionsfähigkeit, dem Leben des Vereins. Das sind wichtige Leistungen, die die Sportvereine für eine demokratische Gesellschaft erbringen. Leider treffen wir nicht immer auf Verständnis für diese Sichtweise, was wir sehr bedauern. Denn nur wenn wir hier einen Schulterschluss mit Schulen und anderen gesellschaftlichen Partnern erzielen, werden wir in einer sich ausweitenden Ganztagsschule die Wertschätzung für die Arbeit der Sportvereine erhalten. Und nur so werden wir Eltern davon überzeugen können, dass es Sinn macht, wenn ihre Kinder viel Zeit für Sport investieren – oder sogar Leistungssport betreiben.

Persönlich erinnere ich mich, dass wir als Jugendliche viel Zeit im THC verbracht haben, Freundschaften geschlossen und viele sportliche Erfolge gefeiert haben, uns aber auch schon sehr früh in der Gruppe ehrenamtlich engagiert haben, also LEISTUNGSBEREIT, ABER NICHT ELITÄR

Kommen wir zum 2. Leitsatz

Selbstbewusst, aber nicht arrogant:

Als DOSB-Vizepräsidentin kann ich bestätigen: Der 1. Hanauer THC kann mit großem Selbstbewusstsein auf die 100 Jahre seines Bestehens zurückblicken. Er meistert den Spagat zwischen Leistungssport und Breitensport genauso, wie den Spagat zwischen zwei recht unterschiedlichen Sportarten mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Auch die Tatsache, dass die sportlichen Erfolge im THC im Laufe der Jahrzehnte recht unterschiedlich ausgeprägt waren, bringt unterschiedliche Bedürfnisse mit sich. Eine Bundesligamannschaft mit Nationalspielern benötigt andere Rahmenbedingungen als eine Hessenligamannschaft. Dies alles meistert der THC und das ist eine Kunst. Er kann mit Stolz auf eine wachsende Anzahl von Mitgliedern und eine wunderschöne und gut gepflegte Anlage blicken. Und all das verantwortet eine ehrenamtliche Vereinsführung. Diese Tatsache kann man nicht hoch genug würdigen, wenn man weiß, dass viele Sportvereine eben nicht mehr genügend Ehrenamtliche finden, die zu dieser Verantwortungsübernahme bereit sind. Für den THC ist das sicher auch schwierig. Was macht den THC aus, dass er in einem immer schwieriger werdenden Umfeld noch genügend Ressourcen mobilisieren kann? Einen Hinweis darauf habe ich im Film auf der THC-Homepage gefunden. Hier drückst Du, lieber Michael, Deine Verbundenheit mit dem THC aus, die für Dich und Dein Team vermutlich auch Antrieb zur Übernahme dieser Verantwortung ist.

Du sprichst von dem „besonderen Gefühl von Heimat und Geborgenheit“ und „von Freundschaften, die ein Leben lang halten“. Das scheint der Erfolgsgarant für den THC zu sein und genau dies beschreibt den „sozialen Kitt“, den die Sportvereine in unserer Gesellschaft übernehmen.

Persönlich erinnere ich mich sehr gerne an den damaligen Präsidenten Bubi Vogel oder auch Fritzi Schmidt – nur den Älteren werden diese Namen etwas sagen – Sie interessierten sich für unsere erfolgreiche Jugendmannschaft, Bubi Vogel war liebevoll und für uns Jugendliche eine Vaterfigur und die graue Eminenz. Er feierte mit uns die hessischen-, süddeutschen- und deutschen Meisterschaften und plötzlich spielten wir nicht nur in Fechenheim und Offenbach, sondern holten die 1. Deutsche Jugendmeisterschaft in Hamburg nach Hanau. Er hat den Verein geführt und war immer für alle da!

Der 3. Leitsatz heißt

Erfolgsorientiert, aber fair und respektvoll
Diesen Satz habe ich mir als letzten aufgehoben, weil ich mit ihm einen wichtigen Aspekt meines Engagements als DOSB-Vizepräsidentin verbinde. Ich bin im DOSB-Präsidium angetreten mit dem Ziel, die für jeden Sport zentrale Schlüsselfunktion – neben den Athleten – die Trainerinnen und Trainern in den Mittelpunkt zu rücken. Trainer sind die „Gesichter“ eines jeden Vereins, denn sie setzen die Kernaufgabe der Sportvereine um, Sportlerinnen und Sportler auszubilden. Und hier passt dieser Satz wunderbar: Sie sollen dies „erfolgsorientiert, aber fair und respektvoll“ tun. Ich würde das so übersetzen: Sie brauchen neben ihrer sportfachlichen Kompetenz eine hohe Sozialkompetenz. Dies ist eine schwierige Anforderung gerade auch für junge Trainerinnen und Trainer, die mit hohem Enthusiasmus in das ehrenamtliche Engagement starten.  Das kann ich auch aus eigener Erfahrung als Trainerin im Hanauer THC sagen.

Im Leistungssport stehen Trainer unter hohem Erfolgsdruck. In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen stehen sie unter großem gesellschaftlichem Druck, gerade auch seitens der Eltern. Sie agieren häufig in immer heterogener werdenden Gruppen. Sie müssen sich in ihre Athleten einfühlen können, Empathie in Sieg und Niederlage aufbringen. Sie müssen auch die Athleten bei der Stange halten, die vielleicht nicht so erfolgreich sind. Und selbstverständlich müssen sie in den Grundlagen der Trainings- und Wettkampfgestaltung, in Technik, Taktik und strategischen Fragen fit sein. Das sind hohe Anforderungen, gerade wenn man bedenkt, dass sich 90% aller Trainerinnen und Trainer in den deutschen Sportvereinen ehrenamtlich engagieren. Und – ganz gleich, ob sie es ehrenamtlich oder hauptberuflich tun – sie erfahren zu wenig gesellschaftliche Anerkennung. Ganz im Gegensatz zu anderen Ländern, wo „der Coach“ häufig eine Größe in einer Gemeinde ist. Wir wissen aus Untersuchungen, dass in den Sportvereinen Trainerinnen und Trainer häufig fehlen. Auch dies ist sogar für einige Vereine ein existenzbedrohendes Problem. Deshalb werbe ich bei Vereinen und Verbänden für eine umfassende Unterstützung von Trainerinnen und Trainern. Denn die Begegnungen mit den Trainern sind häufig die ersten Eindrücke, die ein Mitglied von seinem Verein erhält. Und diese Begegnungen können den Blick auf den Verein positiv oder auch negativ prägen.

Meine persönlichen Erfahrungen als Trainerin begannen mit 16 Jahren im THC als Trainerin einer Mädchen-Mannschaft, später habe ich dann Bundesliga-Mannschaften in Köln und Berlin trainiert und war die 1.Trainerin, die eine Hockey-Bundesliga Mannschaft der Männer trainierte und großartig war die Erfahrung als Co-Trainerin bei Olympischen Spielen.

Diese Trainertätigkeiten haben mich sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich sehr geprägt, der Umgang mit anvertrauten Menschen, der Geist eines Miteinanders im Team, mit den Stammspielern und der 2. Reihe. Hier kann man nur erfolgreich sein, wenn man dieses Leitbild EROLGREICH, ABER FAIR UND RESPEKTVOLL lebt!

Ich gratuliere dem 1. Hanauer THC ganz herzlich zu diesem Jubiläum und danke dafür, dass Sie mir zugehört haben.